Transfeindlichkeit als Strategie

07.09.2023 - Jelena Speer (sie)

Im Laufe des Jahres 2023 sind in den USA bereits 83 neue Gesetze in Kraft getreten, die sich gezielt gegen Transpersonen richten. Dazu gehören Regelungen, die Lehrkräften untersagen, Schüler*innen mit den Pronomen zu bezeichnen, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechen.

Florida hebt sich unter der Führung des rechtspopulistischen Republikaners DeSantis besonders hervor: Dort wurde ein Gesetz verabschiedet, welches die Thematisierung von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität im Unterricht verbietet.

Im Bundesstaat Wyoming wird sogar die Bereitstellung geschlechtsaffirmativer Versorgung (also aller Therapiemöglichkeiten im Rahmen einer Transition) für Transpersonen unter 18 Jahren strafrechtlich verfolgt.

Diese Trends könnten manchen weit entfernt erscheinen, aber sie sind näher als gedacht. Auch in der Schweiz hat queer- und transfeindliche Rhetorik, insbesondere in diesem Jahr, im rechtspopulistischen Diskurs Fuss gefasst.

Im aktuellen Parteiprogramm der SVP wird Transpersonen vorgeworfen, der Gesellschaft eine Ideologie aufzwingen zu wollen. Im Fokus stehen vor allem Kinder. Zum Beispiel heisst es bezüglich Unisex-Toiletten: "Kinder werden diesem ideologischen Irrsinn ausgesetzt – gegen den Willen der Eltern."

Konkrete Auswirkungen zeigt etwa der Gender-Tag in Stäfa: Nach einem Tweet von Andreas Glarner (SVP) wurden die Mitarbeiter*innen der Schule bedroht, was zur Absage der Veranstaltung führte.

Ein weiteres Beispiel ist das Queer-Sitin in der Pestalozzi-Bibliothek in Oerlikon, das unter Polizeischutz stattfinden musste, nachdem rechte Gruppen und Verschwörungstheoretiker*innen Proteste gegen die Veranstaltung angekündigt hatten.

Im Überblick zeigt sich: Queer- und Transfeindlichkeit sind heute mehr denn je politische Instrumente.

Diese Strategie ist nicht neu. Schon in den 1950er-Jahren erkannten republikanische Politiker*innen in den USA, dass sich mit dem "Schutz der Kinder" gut politische Stimmung machen lässt. Die gleichen, vielfach widerlegten Argumente kommen heute wieder zum Einsatz, etwa die irreführende Annahme, Menschen könnten "umgepolt" oder zu einer bestimmten Rolle erzogen werden.

So absurd diese Argumente auch wirken mögen, sie sind effektiv. Ein "Feindbild" wird geschaffen, das scheinbar das höchste Gut der Gesellschaft angreift: die Kinder. Menschen, die solche Ansichten wissentlich verbreiten, nehmen in Kauf, dass reale Kinder darunter leiden.

Das Fazit: Wir müssen noch achtsamer sein, welche Informationen wir glauben und verbreiten. Was harmlos beginnen mag, kann letztlich dazu führen, dass trans- und queerfeindliche Gesetze in Kraft treten, unter denen reale Menschen leiden.