Die Antiasylpolitik der EU ist seit Jahren abscheulich und unmenschlich.
Im europäischen Massengrab Mittelmeer sind seit 2014 mehr als 20.000 Flüchtlinge und Migrant*innen gestorben. Doch in den letzten Tagen hat sich die Situation an der griechisch-türkischen Grenzen und auf den griechischen Inseln nochmals dramatisch zugespitzt.
Um von den EU-Staaten Unterstützung für seinen Krieg in der syrischen Provinz Idlib zu erpressen, kündigte Erdogan an, die Grenze nach Europa zu öffnen.
Darum riegelte Griechenland die Grenze ab, setzte das Asylrecht aus und bot die Armee auf. Seit Tagen harren über zehntausend Geflüchtete zwischen den Grenzen aus und werden von der griechischen als auch von der türkischen Polizei mit Tränengas angegriffen. Auch das griechische Militär und Frontex schießen an der türkischen Grenze mit Tränengas, Blendgranaten und Wasserwerfern auf Schutzsuchende.
Zur selben Zeit nimmt die Zahl der Flüchtenden in Syrien wieder zu. Weil Assad zusammen mit Russland die syrische Stadt Idlib angreift. Gegen sie kämpfen dschihadistische Milizen, die teils von der Türkei unterstützt werden.
Auf der Inseln Lesbos ist die Sicherheitslage ebenfalls total ausser Kontrolle. Am Sonntag stand das Transitlager des UNHCRs in Flammen. Das Gemeinschaftszentrum einer NGO wurde abgefackelt, wo eine Klinik und eine Schule für Kinder betrieben wurde. Auch auf der griechischen Insel Chios ist die Stimmung gekippt. Dort verharren tausende Flüchtlinge in masslos überfüllten Lagern in katastrophalen Zuständen. Auf Chios wurde ebenfalls ein Lager einer Hilfsorganisation niedergebrannt.
Rechtsradikale Gruppen bewaffnen sich und greifen internationale Helfer*innen, ihre Autos und Häuser an. Die meisten Operationen werden eingestellt. Immer mehr HelferInnen verlassen aus Sicherheitsgründen die Inseln. So müssen auch letzten Helfer*innen die Flüchtenden im Stich lassen.
Auf Hilfe von der Regierung warten beide Seiten, Flüchtlinge und wütende Bewohner, vergeblich. Die EU lässt alle Menschen vor Ort im Stich. Und macht sich so nicht nur des Mordes schuldig, nein! Denn während die EU die Grenzen für Menschen in Not schliesst, öffnet sie Tür und Tor für faschistisches Gedankengut und deren gewalttätige Hetze.
Es handelt sich um einen Klassenkampf von oben. Von der polit-ökonomischen Eliten gegen die Menschen, die vom weltweiten Kapitalismus benachteiligt sind.
Anstatt für Gleichheit und Freiheit aller zu sorgen, sorgt sie sich nur um Geld und Macht und fördern so Konflikte zwischen den Ethnien und den Klassen.
Seit Anfang des Jahres sind 1400 Menschen an den Grenzen der EU gestorben.
Doch die reichste Staatengemeinschaft der Welt zeigt kein Interesse, das Problem gemeinsam anzugehen. Der Grund dafür: Niemand hätte dabei etwas zu gewinnen, außer den ertrinkenden Menschen. Was nicht sofort in Wert gesetzt werden kann, hat keine Daseinsberechtigung. So ertrinken die einen im Überfluss und die anderen im Mittelmeer. Die Festung Europa ist ein goldener Käfig, der auf Leichen erbaut ist und dessen Reichtum durch Ausbeutung erhalten wird. Und nun, wo die Unterdrückten und Ausgebeuteten schutzsuchend nach Europa kommen müssen, lassen wir sie verrecken.
Die Antiasylpolitik der EU ist eine Bankrotterklärung der europäischen Ideen. Wir können uns nicht auf Menschenrechte, Aufklärung und Humanismus berufen und gleichzeitig die Rettung Ertrinkender kriminalisieren. Unsere Werte sind zusammen mit Tausenden Männern, Frauen und Kindern im Mittelmeer ertrunken.
Europa stirbt nicht am Coronavirus. Es stirbt am Mittelmeer und an der griechischen-türkischen Grenze. Menschen bewusst ertrinken zu lassen, um andere abzuschrecken, ist keine Meinung. Es ist der erste Schritt in die Barbarei. Die Kriminalisierung von jenen, die tausende Menschen vor dem Tod gerettet haben, ist der zweite Schritt dorthin. Den dritten möchte ich mir lieber nicht vorstellen.
Von Trauer zu Wut. Von Wut zu Widerstand! Lasst uns gemeinsam und lautstark diese Verbrechen einstehen! Wir fordern die sofortige Öffnung der Grenzen & die Aufhebung des Dublin-Systems! Wir fordern die Schweiz auf, Flüchtende direkt aus den Krisengebieten aufzunehmen! Wir sagen: Wir können und wollen diese Menschen willkommen heißen und sie aufnehmen. Wir geben den Menschen eine Zukunft und lassen uns nicht von den faschistischen Salvinis, Orbans und Erdogans und ihren wirtschaftsliberalen Helfer*innen erpressen!
Doch diese Sofortmassnahmen genügen nicht! Wir müssen Widerstand leisten, gegen den erstarkenden Faschismus und gegen die Klimakrise. Wir müssen Widerstand leisten gegen imperiale und kriegstreibende Staaten. Und gegen einen zerstörerischen, ausbeutenden und mörderischen Kapitalismus!
Wir müssen uns einsetzen für die Gleichheit und Freiheit aller Menschen!
Venceremos!
Caesar Anderegg
12.03.2020