Remigration und Rechts

14.02.2024 - Cécile Altorfer, Matti Krüger

Die Diskussion um den Begriff "Remigration" reflektiert einen Wandel von einem neutralen Wort in der Migrationsforschung zu einer Kampfformel, die von rechtsextremen Gruppen, inklusive der AfD, aufgegriffen wird.

Historisch wurde "Remigration" für die freiwillige Rückkehr von Menschen in ihre Ursprungsländer benutzt. Neu definiert wurde es jetzt jedoch durch die neue alternative politische Rechte, um allseits verhasste und negativ geframte Begriffe wie «Abschiebung» und «Massendeportation» gesellschaftsfähig zu machen.

Die rechtsextreme Gruppierung "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD), die seit 2019 vom deutschen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird und regelmässig durch islamfeindliche, rassistische und demokratiefeindliche Positionen auffällt ist eine der grössten Befürworter*Innen des neuen Terminus.

Durch ihre Theorie des Ethnopluralismus definiert sie Ethnien nach kultureller Zugehörigkeit statt biologischen Kriterien. Die IBD sieht ihre "ethnokulturelle Identität" durch Multikulturalismus bedroht und fordert unter dem Schlagwort "Remigration" Massnahmen zur Rückführung von Migrant*Innen in ihre Heimatländer. Bekanntester Vertreter ist der Österreicher Martin Sellner, der einen massgeblichen Anteil bei der Prägung und Verbreitung Rechtsextremer Schlagwörter hatte. Das Konzept der „Identitären Bewegung“ stammt ursprünglich aus Frankreich, wo sich 2003 die rechtsextreme Gruppe “Bloc identitaire” gründete. Die „Identitäre Bewegung“ hat unter verschiedenen Namen europaweit Anhänger*Innen.

Die Verwendung von "Remigration" in rechtsextremen Gruppierungen wie der IBD zeigt eine gezielte Sprachmanipulation und Instrumentalisierung für politische Ziele. Neue Informationen, durch das «Correctiv»- Kollektiv aufgedeckt, berichten von Treffen von AfD-Mitgliedern und Rechtsextremen (unter anderem der oben erwähnte Martin Sellner) und deuten darauf hin, dass die Diskussion um "Remigration" auch deutsche Staatsbürger*Innen mit Migrationshintergrund einschliesst. Dies verdeutlicht die weitreichenden Implikationen für Bürger*innen mit Migrationshintergrund die nicht einmal vor dem Staatsbürgerrecht haltmachen.

In Winterthur gibt es immer wieder Situationen, in welche rechtsextreme Gruppierungen involviert sind. Vor einigen Monaten machte die Parteipräsidentin der SVP Winterthur auf sich aufmerksam, da sie anscheinend von Mitglieder der Jungen Tat beim Gestalten ihrer Social-Media-Kanäle Unterstützung bekommen hat. Die Junge Tat, die sich auch durch Figuren wie Martin Sellner inspirieren lässt, ist eine rechtsextreme Gruppierung, welche sich immer wieder beim Stören von Anlässen, zum Beispiel den antikapitalistischen CSD, der Drag Story Time oder dem Plakatieren von Propagandaplakaten bemerkbar macht. Das Thema «Remigration» wird auch durch sie propagiert, indem sie zum Beispiel an einer solchen Demo in Wien zu sehen waren oder mit dem Massnahmengegner und Massvoll-Mitglied N. Rimoldi eine Aktion dazu durchführten.

Doch was kann ein Mensch, welcher in Kontakt mit Rechtsextremismus gekommen ist, tun? In Winterthur gibt es beispielsweise die Fachstelle Extremismus und Gewaltprävention, welche sich auf die Früherkennung von Radikalismus und individuell angepasste Interventionen gegen Extremismus spezialisiert hat. Falls im persönlichen Umfeld Indizien besteht, dass rechtsextremes Gedankengut vorhanden sein könnte, kann die Fachstelle Unterstützung bieten, erste Gespräche oder Interventionen einzuleiten. Der Grat zwischen Meinungsfreiheit und rechtsextremer Gesinnung kann sehr schmal sein und muss in jedem Fall einzeln angeschaut werden, wobei die Fachpersonen aus solchen Fachstellen helfen können.

Auf nationaler Ebene wird vor allem auf die präventive Strategie gegen Extremismus gesetzt. Der «Nationale Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus» beschreibt vor allem Strategien, welche das Vermitteln von Wissen zum Thema Extremismus . Auch werden verschiedene Organisationen und Strukturen erklärt, welche bei der Arbeit gegen Extremismus involviert ist. Ein Ziel des nationalen Aktionsplan enthält ebenfalls die Wiedereingliederung von Menschen, welche in der Vergangenheit rechtsextremes Gedankengut hatten, sich jedoch nun klar davon distanzieren.

Abgesehen von den Fachstellen gibt es in Winterthur immer wieder Stimmen, welche sich gegen Rechtsextremismus und Faschismus erheben. Beispielsweise durch Gegendemonstrationen gegen rechte Treffen oder einem Banner in Winterthur Töss, auf dem ein antifaschistisches Winterthur gefordert wird.

Wichtig ist es nun, Stimmen die sich gegen Rechtsextremismus aussprechen zu sammeln, amplifizieren und kollektiv Widerstand gegen das wachsende Narrativ der neuen Rechten zu leisten. Aktuelle Entwicklungen, wie die Massendemos gegen die AFD in Deutschland zeigen, dass es möglich ist breite Bevölkerungsgruppen gegen Rechts zu mobilisieren und lassen uns für die Zukunft hoffen.